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Biographie

Willi Heinz Müller
1900, Wien - 1974, St.Gallen CH

Zusammengestellt von

Herrn Pfr. Candrian

zur Beerdigung vom 23. Sept 1974

Willy Müller wurde am 16. Februar 1900 als zweitältestes von 4 Kindern, dem Berufsoffizier Heinrich Müller und der Minka geb. Muchmayer, ihres Zeichens Opernsängerin, in Wien geschenkt. Seine einzige Schwester Grete starb mit 8 Jahren, den Bruder Robert traf eine Kugel im letzten Weltkrieg. Als letztes Familienglied überlebt der Bruder Alfred die Angehörigen.

 

Die Primar- und Mittelschule besuchte unser Heimgegangener in Wien und wandte sich dann dem Wunsche des gestregen Vaters entsprechend dem Studium an der Handelsakademie zu. Sein innigster Wunsch blieb jedoch Musiker zu werden, begleitet er doch schon als Knabe seine Mutter bei ihren Gesangsaufführungen auf dem Klavier. Mit 16 Jahren verlor er sie und war nachher auf sich selber angewiesen, weil sein Vater von 1914 – 1918 im Kriegsdienst stand. Neben seinem Studium der Handelsfächer besuchte Willy Müller an der Musikakademie Abendkurse und belegte dort die Fächer: Geige, Klavier und Dirigieren. Er schloss diese Ausbildung mit Erfolg ab.

 

Nach Abbruch des Krieges, an dessen Ende er auch noch kurz seinen Militärdienst in der heimischen Armee leisten musste, verdiente er sich seinen Lebensunterhalt mit Musikstunden und Gesangsbegleitungen. Zudem übernahm er die Leitung eines Ärzteorchesters. Später erhielt er ein Engagement als Geiger bei den Wiener Symphonikern, die auch als Kurorchester in Badgastein musizierten. Dort lernte er seine Gattin Paula Hermann kennen. Am 1. August 1925 gaben sie sich die Hand zum Lebensbunde. Die Nachkriegsjahre mit ihrer Arbeitslosigkeit trafen auch unseren Entschlafenen. Junge Musiker wurden zuerst entlassen und mussten nach einer neuen Beschäftigung Umschau halten. Unser Entschlafener wurde in einem Unterhaltungsorchester angestellt, das unter der Leitung eines Schülers von Johann Strauss stand. Dort lernte er an der Quelle Wienermusik zu interpretieren, was ihm später von grossem Nutzen war. Nebenbei pflegte er in einem Freundschaftskreis die Kammermusik.

 

Das Jahr 1926 brachte die Wende in seinem musikalischen Leben. Durch einen Freund bekam er ein Angebot als Geiger und Pianist – er konnte in beiden Sparten dienen – in einem Stummfilmkino unserer Stadt St. Gallen, das er mit Freunden annahm. Als begeisterter und passionierter Bergsteiger lockte ihn die Schweiz ohnehin. St. Gallen wurde ihm nunmehr zum ständigen Wohnsitz. 1943 erwarb er sich auch ihr Bürgerrecht. Hier wurde auch die einzige Tochter Edith geboren.

 

Die Entwicklung des Tonfilms machte ihn wieder arbeitslos und verursachte Existenzprobleme. Mit einem von ihm gegründeten Musikkapelle übernahm er Engagements in verschiedenen Kurorten der Schweiz. Aber auch das war nur von kurzer Dauer, weil seine besten ausländischen Mitarbeiter zufolge Arbeitslosigkeit in der Schweiz das Land verlassen mussten und er keinen Ersatz fand. Mit Rücksicht auf seine Familie suchte er die Niederlassung in St. Gallen zu erhalten und da sich eine neue Wirkungsstätte zu suchen, was ihm dann auch gelang. Er wurde Mitglied des musikpädagogischen Verbandes und erteilte Unterricht in Geige, Klavier und Musiktheorie. Die Prüflinge auf ein Musikexamen waren um seine Hinweise froh und dankten ihm nachträglich für die fachmännische Vorbereitung. Dank seiner konzilianten Art vermehrte sich die Zahl seiner Schüler zusehens, sodass Willy Müller sein gesichertes Auskommen hatte, nach dem früher auch seine Lebensgefährtin deswegen zusätzliche Arbeit auf sich genommen hatte.

Seine ausgesprochene Musikalität und seine Fähigkeit, Anregungen und Wegweisungen für Suchende zu bieten, seine strahlende Lebensfreude trotz mancherlei Enttäuschungen und seine Ursprüngliche Anmut mit wienerischem Humor ebneten ihm den Weg zum Mitmenschen. So konnte er sich ein eigenes Heim mit mehr Platz für Übungszwecke und Unterrichtsstunden erbauen.

 

Seine besondere Vorliebe galt aber immer dem Orchester und zwar aus musikbegabten Amateuren, die er mit Geduld und Nachsicht in die Kunst der Musik einzuführen keine Mühe scheute. Durch Bekannte wurde ihm dieser Wunsch mit der Leitung des Orchestervereins erfüllt. 30 Jahre lang war er die Seele des Ganzen, das in Heimen und Anstalten und Spitälern durch ihre gehobene Unterhaltungsweise viele Freude bereitete.

 

Seine schönsten Erlebnisse auf musikalischem Gebiete waren, wie er immer erwähnte, seine Aufgaben im Kammerorchester Winterthur, in welchem seine konservatorisch ausgebildete Tochter als Konzertmeisterin mitwirkt. Er leitete dieses Orchester 14 Jahre lang. Am Anfang dieses Jahres gab er dort ein Abschiedskonzert, was nicht ohne ein schmerzhaftes Sich-los-reissen geschah. Diese ihm ans Herz gewachsene hingebende Tätigkeit und Beschäftigung mit barocken und spätromantischen Werken vermisst er später schwer. Es setzte ich auch seelisch zu, hatte er sich doch jeden Montag darauf gefreut und sich darauf mit unerhörter Spannkraft und Hingabe vorbereitet. Die Dankbarkeit vieler Spieler für seinen Einsatz und seine Anleitungen bleiben ihm über sein Grab erhalten. Manchen wird es aufgehen, was für ein echter Musiker Willy Müller war.

 

Das Üben und Proben mit geübteren Musikern hinderte ihn nicht, auch für die Orchestervereine in Teufen und Trogen sich mit grossem Elan einzusetzen. Auch diese Laienorchester vermochte er anzufeuern und zu begeistern, ihnen nicht nur Takt beizubringen, sondern sie auch zu lehren. Seine pädagogischen Fähigkeiten kamen gerade da deutlich zum Vorschein und mit sicherer Hand führte der Dirigent seine Gefolgschaft einem hohen Ziel zu.

 

Dem Trogener Orchesterverein widmete er auch seine letzte Musikstunde. Er tat es noch mit Frische und Lebhaftigkeit und schien gut aufgelegt, kündete sogar den neuen Arbeitsplan frohgemut an. Gerade dieses Orchester trifft ein harter Schlag, hat er doch auch dort sein umfassendes musikalisches Wissen angewandt.

 

So trauern viele an seiner Bahre im Gedanken an einen Kenner seines Faches und Freund der um die Musik Beflissenen, aber auch derer, die in der Bergwelt und im SAC ihre Erholung zu neuem Schaffen holen, zu Nutzen der Mitwelt.

 

Beerdigung am 23. Sept. 1974

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